Einen auf dicken Molli machen


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Aufmerksamkeitsgetue auf Kosten anderer

Wer kennt sie nicht, die Menschen, die nur wahrgenommen werden können, wenn sie den dicken Molli raushängen lassen? Manche dieser Erdenbürger findet man bereits im Sandkasten, und wem dort die Begegnung versagt blieb, wird spätestens auf dem Schulhof oder in der ersten Klasse auf jene treffen, die unter allen Umständen gesehen, gehört und leider auch berührt werden möchten.

Ob bei all diesen Menschen ein sogenannter Minderwertigkeitskomplex vorliegt ist zu bezweifeln, denn nicht wenige leiden wohl an Wahrnehmungsstörungen und an Machtgelüsten, heutzutage gibt es zusätzlich den Begriff Aufmerksamkeitsdefizit. Es liegt mir fern, diese Menschen zu diskreditieren, aber es scheint notwendig, diese Thematik des „über andere herrschen und stellen Wollens“ aufzuzeigen, weil man täglich, wer in den sozialen Medien unterwegs ist, sogar stündlich, mit diesem Menschenschlag konfrontiert wird.

Über die „Halbstarken“ unter ihnen, also der Personenkreis, der laut und dominant auftritt, muß man nicht viel dazu äußern. Sie entlarven ihr Wesen so offensichtlich, provozieren mit Vorliebe gerne Menschen, die sie als „schwach“ ausgemacht haben, damit ihre Drohgebärden auch genügend „Früchte“ tragen, wäre ansonsten peinlich, wenn die arroganten überheblichen Erniedrigungsversuche keinen Effekt erzielen würden. Den Effekt des Herrschens ohne Widerrede.

Kennen Sie diese Freundschaften, die irgendwann den ersten Bruch bekommen können durch den Satz: „Wenn du dies oder jenes nicht machst, denkst, fühlst, bist du nicht mehr mein Freund, Freundin.“? Hier schleicht sich das Dominanzverhalten diffizil unter Menschen. Natürlich reicht dieser eine Satz nicht aus, um sofort die Reißleine zu ziehen, damit man nicht in die Fänge von Unterwürfigkeit gelangt. Dieser Prozeß ist schleichend und zeichnet sich bisweilen auch durch übergroßes Aufmerksamkeitsgetue gegenüber einem als „Schwachen“ identifizierten Menschen aus.

Das sogenannte Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom hingegen funktioniert fast entgegen-gesetzt. Alles wird unternommen, um sich zuvorderst, in einen Kreis, aufs Podest zu stellen, entweder um eine Leistung zu zeigen oder um sich als „Opfer“ als „übersehbare Person“ zu stilisieren. Das erfüllt den Zweck, wahrgenommen zu werden, Beachtung zu finden, und die Herrscherposition zu besetzen, indem man entweder Zuspruch vermittelt, sein Interessenmerkmal auf diese Personen bezieht, sich für sie einsetzt, ohne die eigenen Reflektionen noch miteinbeziehen zu können.

Menschen mit Wahrnehmungsstörungen können außer den vereinfachten Vorstellungen von „oben und unten“ keine sozialen Unterschiede nachvollziehen. Ihr Hauptaugenmerk bleibt, je nach Veranlagung, entweder auf „ich hier unten“ oder auf „ich hier oben“ begrenzt. Bei beiden Möglichkeiten brauchen sie, um zu herrschen, Menschen mit übergroßem oder eiskaltem Herzen.

Menschen mit Machtgelüsten können alle diese vorgenannten, nur kurz umrissenen Personenkreise für sich vereinnahmen, aber brauchen dies nicht, sie stufen von vorneweg alles um sie herum als „niedriger“ ein. Dies sind Menschen, die sich selbst mit Orden und Kränzen behängen.

Nun, all dies ist im zwischenmenschlichen Umgang nichts Außergewöhnliches, solange keine dieser Menschengruppen überhand nimmt. Ob es, wie vielfach geschrieben, an der Anonymität des Internets, an den vielerlei Scheren zwischen arm und reich, zwischen alt und jung und so weiter, an Abstumpfung durch Medienkonsum oder an sonst was liegt, Tatsache ist jedenfalls, wir durchleben eine Zeit des „Jedem das seine, mir das Meiste“, egal auf wessen Kosten, auf meinen garantiert nicht. Und um dies durchzusetzen, mache ich einen auf dicken Molli, drohe, verängstige, manipuliere, schüchtere ein, prahle, lüge, spinne Intrigen, hänge mich an fremde Rockzipfel, bejuble, denunziere, belästige andere, um mich selbst stark und selbstbewußt aussehen zu lassen.

Wie kann man bei diesem Wirrwarr wirklich starke Persönlichkeiten erkennen, solche für die schlechte Kritik gute Werbung ist, keine Rolle spielen?

Spontan fallen mit hierzu ein paar Namen ein, aber es sind Namen von Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, hier und jetzt, weltweit, und sie brauchen mich nicht, um für sie zu sprechen, auch jene Menschen, die längst nicht mehr unter uns weilen, benötigen nicht meine Fürsprache. Was ihre Stärke ausmacht und ihnen gemeinsam ist, sie hofieren niemandem, sie denunzieren niemanden, sie drohen nicht, sie verängstigen nicht. Sie weisen selten zurecht, sie argumentieren möglichst objektiv, sie neigen sich zu den Kleinsten genauso wie zu den Größten, und wenn sie einen Raum betreten, ist ihre Anwesenheit in der kleinsten Fuge zu spüren, sie erreichen dies ohne Ein-schüchterungsversuche und einschmeicheln.

Vielleicht fallen so viele Menschen auf diese machtgierigen, opferheuchelnden, auf dicken Molli machenden, programmierten Menschen herein, weil sie noch nie wirklich einem starken Menschen begegnet sind. Ich hatte in meinem Leben das Glück, solche Menschen zu treffen, sie waren keine Gurus, keine Anhängersammler, keine Missionierende, sie waren Menschen, die ohne Scheinheiligkeit das Yin und Yang des Seins lebten.

Doris Mock-Kamm

Kategorie: Meinung

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Eine Antwort zu Einen auf dicken Molli machen

  1. Saxhida schreibt:

    Wer kennt sie nicht? Die Welt scheint voll von ihnen zu sein.

    Gefällt 2 Personen

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