Mainstream-Mania, Mainstream-Manier oder Mainstream-Magie


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Den Zauber des losen Zusammenhaltes bewahren

Es sollte ausreichend sein, die längsten drei Flüsse der Erde anzugeben, Amazonas, Nil, Jangtsekiang, um sie als Beispiel zu benennen, was es bedeutet, ein Hauptstrom zu sein. Ein Mainstream. Keiner dieser Flüsse, noch irgendein anderes Rinnsal würde es ohne Zuflüsse zu einer weiten Laufleistung bringen, denn um zu fließen, bedarf es nicht nur einer schrägen Ebene, sondern auch Druck, ansonsten ist nichts mit fließen. Und so ist es für den kleinsten Bach in seinem Umfeld möglich, das große Wasser, das Meer zu erreichen, wenn sein Wasser nicht vorher durch Verdunstung als Regen irgendwo wieder auf die Erde trifft.

Deshalb kann man sagen, ein Mainstream, ein Hauptfluß, ein Massengeschmack, eine Leitkultur besteht aus vielen einzelnen Strömungen, Nebenflüssen, selbst die sogenannte Subkultur oder Gegenkultur, Underground ist ein Bestandteil des Mainstreams. Anders sieht es hingegen aus, wenn ein Fluß in einen Kanal umgewandelt wurde. Dort können die Zuflüsse kontrolliert werden. Kanäle sind von Menschenhand hergestellte Wasserläufe, entweder um die Beschiffung (Höhenunterschiede ausgleichen) zu erleichtern, zur Trinkwasserversorgung oder um Abwasser zu regulieren. Fakt bleibt trotz Fließfaktor, Kanäle sind regulierte Flüsse, im Gegensatz zu einem Hauptstrom, der auf seinem Weg zum Meer größtenteils unabhängig von einer Einflußnahme aus Menschenhand ist.

Aus Sicht der rechten Gedankenideologie ist ein Mainstream, ist der Mainstream zu bekämpfen. Anscheinend stehen sie auf Kanäle. Doch dazu später noch ein oder mehrere Wörter. Um es zu verdeutlichen, ein Hauptstrom ist ein Fluß, der durch Nebenflüsse „angereichert“ sich ins Meer ergießt. Der Mainstream ist eine Strömung, die inspiriert durch verschiedene Meinungen, Bürgertum, Subkultur, durch möglichst viele Interessen sich zu einer Gemeinschaft, Staat zusammenfindet. Ohne diese Strömungen wäre der Fluß entweder ein stehendes Gewässer oder aber ein Kanal.

Ein Kanal, in dem nur durch gezielt gesteuerte Wassermengen, Interessen einfließen dürfen. Wer also den Kanal besitzt, Kanalrechte hat (Medien), der bestimmt, was durch den Kanal zu fließen hat, was andere zu denken, zu sehen, zu tun haben. Zur rechten Ideologie zählen deshalb eingetrichterte Kanäle und nicht fließende Gedanken. Alles, was in irgendeiner Form nicht in ein Regelwerk, Kanal, paßt, ist schädlich. Dazu paßt die immer wieder zu hörende Argumentation, nur wer sich uns anschließt, kann sich in Sicherheit wiegen, wir schaukeln das Kind, sorry, den Kahn. Hinter dieser Floskel steckt nichts anderes als, solange du dich einreihst, solange werden wir dir helfen, nicht an einem Ufer zu stranden. Dies ist übrigens einer der Vorteile eines Mainstreams, man kann ohne weiteres einfach mal an einem Ufer verweilen, ohne den Anschluß zu verlieren.

Diese hysterischen Angsteinflüsterungen, bloß nicht zum Mainstream zu zählen, nehmen bei rechten Ideologien die Formen einer Mania, einer Besessenheit, eines Zwangs an. Die Begründung liegt in der Denke, daß nur durch kontrollierte Meinungen Einigungen, Vereinigungen möglich sind. Dabei ist bei dieser kontrollierten Denke der Zweck, diese Denke als zukünftigen Mainstream zu positionieren. Dann ist es aus mit Subkultur, Underground. Das Gleiche ist übrigens auch zu erkennen, wenn gegen das Establishment proletet wird, dienlich einzig und allein dem Zweck, selbst das Establishment zu stellen, um sich zu bereichern, denn keine rechte Ideologie setzt auf sozialen Ausgleich. Es geht hier nur um, and the winner is, den Stärkeren.

Sicherlich ist die Manier des Mainstreams zu hinterfragen, die Strömungen, in denen man einfach mitgerissen wird, ohne eine Chance zu haben, kurz mal an einem Ufer zu pausieren, oder als nicht zugehörig benannt zu werden, wenn das Wassermolekül mit anderen Stoffen eine Liaison eingegangen ist. Aber der Mainstream wird, wenn keine außerordentlichen Katastrophen vorliegen, jeden Tropfen wieder aufnehmen. Das gilt auch für den gesellschaftlichen Mainstream, es sei denn, er ist gekünstelt und seine charakteristischen Strömungen wurden beschnitten.

Die Magie des Mainstreams liegt darin, den Zauber des losen Zusammenhaltes zu bewahren, mitzugestalten, auch ruhig mal zu entzaubern, sich aufzubäumen, mitzufließen, vergleichbar mit Surfen auf dem Meer. Als unabhängiger Tropfen sich zu einer Welle zusammenzuschließen, ohne den Zwang in einen engen Kanal gequetscht zu sein. Ob sie nun der Surfer sind oder die Welle ist irrelevant, denn beide haben die Möglichkeit, sich auszusuchen, mit wem sie sich verbinden, die Tropfen mit dieser Welle, der Surfer mit jener Welle. Strömungen, die ein Mainstream bietet, sind niemals konstant, sie sind fließend.

Wer dennoch behauptet, der Mainstream sei eine kontinuierliche gleiche Meinungsmache, hat wohl zu lange bereits in einem Kanal gelebt. Und zu guter Letzt, wer zwangsweise einen Mainstream realisieren möchte, der nur unter strengen Gesichtspunkten funktionieren kann, der will in Wirklichkeit nur eins, herrschen, beherrschen, ob es die Naturgewalten sind oder über Menschen. Strömung kann sich nur selbst gestalten, alles andere sind verklemmte Versuche wie seitens der Identitären Bewegung, (wobei der Name bereits den eigentlichen Sinn preisgibt. Derselbe ist und bleibt nun mal derselbe und soll verdeutlichen, keiner darf seine Individualität, das ist nämlich was völlig anderes, als identitär, also keiner darf seine Individualität, sein Einzelwesen leben) die mittels Angst einen auf Kameradschaft und Treue macht, aber wehe, jemand pariert nicht so wie sich der Kanalbetreiber seine künstlich angelegte Fließrichtung vorstellt.

Ein Mainstream kann ein Richtungsweiser sein, muß aber nicht, denn wie gesagt, viele Zuströme tragen erst dazu bei, daß er überhaupt als Mainstream bezeichnet werden kann. Und mein Mainstream ist meine Individualität, die nur deshalb so einzigartig ist, weil sie durch möglichst viele andere Individuen reflektiert wird.

Doris Mock-Kamm

Kategorie: Meinung

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Eine Antwort zu Mainstream-Mania, Mainstream-Manier oder Mainstream-Magie

  1. mikesch1234 schreibt:

    Hat dies auf ilseluise rebloggt und kommentierte:

    … mein Mainstream ist meine Individualität, die nur deshalb so einzigartig ist, weil sie durch möglichst viele andere Individuen reflektiert wird.

    Gefällt 1 Person

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