Regieren ohne Charisma – wie geht das?


Von einem der auszog, sich noch unbeliebter zu machen

Namen sind Schall und Rauch, und doch wissen wohl die meisten nur zu genau, wer hierbei gemeint, drum nennen wir den Politiker ganz einfach M.S., ein Mann, der ganz hoch hinaus wollte, um die Mutter der Nation vom Thron zu schubsen, es ihm aber keineswegs gelang.

Interessiert genauer Beobachtende wußten dies von Beginn an, weil so gänzlich ohne entsprechendes Charisma kann man sowieso kaum jemand hinterm Ofen hervorlocken, schon gleich gar nicht politikverdrossene Wähler, die belassen es dabei lieber aus lauter Bequemlichkeit bei altbewährter Konstellation, Mutti vorneweg, alles andere hat sich ihr unterzuordnen.

Klingt ein wenig zu dragonisch? Mitnichten. Die Wirklichkeit zeigt doch in aller Deutlichkeit, wie mit unliebsamen Kollegen umgegangen wird. Wirft man einen Blick zum letztmaligen geschäftsführenden Außenminister, wird schnell klar, wer gemeint. Jetzt wurde er einfach aufs Abstellgleis gesetzt, von einem, den jener zuvor noch an dessen Position erlaubte, das Ruder der Sozen herumzureißen. Was nach anfänglichem M.S.-Effekt gänzlich mißlang.

Aus 31 wurden es etwas über 20 Prozent, welch magere Ausbeute. Ein Armutszeugnis par excellence. Macht nix, in der Bundespolitik gelten andere Hürden, die erst gar nicht aufgestellt, man bequemt sich per Wortbrüchen. Statt Opposition eine Fortsetzung der Großen Koalition, statt kein Ministeramt, mal soeben den letztmaligen Außenminister von dannen weisen, um sich selbst nett einzurichten.

Von einem der auszog, sich noch unbeliebter zu machen, möchte man tatsächlich sich im Ausland als Deutschland präsentiert fühlen? Komische Einstellung einer seltsam verlogenen Politikkaste. Wenn Argwohn, Häme, Hinterhältigkeit und Mißgunst eine Meßlatte bedeuten, wo kann da ein Restfunken Vertrauen verbleiben? Das gibt es schlichtweg nicht, schon gleich gar nicht, wenn die Menschen im Lande sich alleingelassen fühlen.

Und doch treten sie erneut an für knapp vier Jahre, um sich zu behaupten, entgegen dem Wählerwillen, denn eine rechnerisch dermaßen dünne Regierungskoalition beweist ihr eigenes Unvermögen, was ja bekanntlich in der Politik gern ausgesessen wird. Der Dicke konnte es, warum nicht auch Angie. Sich aber dann wundern, wenn eine rechtsextreme Partei im Deutschen Bundestag hockt, um als größte Opposition auf ihre Weise das spärliche Handeln der Regierung auszubremsen. Welch dramatische Entwicklung, die wohl die Mehrheit als überwunden glaubte.

Irrtum, Nationalismus erhält erneut eine Bühne gar mit genügend Publikum. Immer schön klatschen, die Arme schwenken, manchesmal in bestimmten Posen, Parolen gröhlen, Phrasen dreschen, herumpöbeln und Gewalt freien Lauf lassen gegen alles, was ihnen nicht paßt. Wie damals, unfaßbar. Das nennen manche nicht nur einen Rückschritt, sondern das Ende der Demokratie, hin zur Diktatur.

Da bedarf es eines solchen M.S., der reißt die Leute mit in seiner Beliebtheit. Quatsch, das Gegenteil ist der Fall. Nur, es interessiert kaum jemand. Hauptsache es geht uns gut. Ach, tatsächlich?

Lotar Martin Kamm

Kategorie: Meinung

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